– by Mario Dusi & Stefanie Lebek (DMP, Milano).
Mit Urteil Nr. 4884 vom 1. März 2018 hat sich der italienische Kassationsgerichtshof erneut zu der Unterscheidung zwischen Handelsvertretervertrag und Arbeitsvertrag geäußert. Dabei hat er zu der Bedeutung der Bezeichnung des Vertrags, des Parteiwillens zu Beginn des Vertrag und der konkreten Art und Weise der Durchführung des Vertragsverhältnisses Stellung genommen.
Der Kassationsgerichtshof führt aus:
Für die rechtliche Einordnung eines Vertragsverhältnisses zum aktuellen Zeitpunkt ist nicht (nur) der Vertragsname und/oder der anfängliche Parteiwillen zu berücksichtigen. Vielmehr ist zu untersuchen, wie sich das Vertragsverhältnis im Laufe der Zeit entwickelt hat. Aus dem Verhalten der Parteien könne man nicht nur Anhaltspunkte dafür entnehmen, was diese ursprünglich wollten, sondern auch – und insbesondere – dafür, ob sich dieser Willen im Laufe des Vertragsverhältnisses geändert hat und so auch dessen rechtlicher Charakter verändert wurde. Für die rechtliche Einordnung ist die tatsächliche Durchführung des Vertrags – auch wegen der besonderen Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers – von größerer Bedeutung als die Bezeichnung des Vertrags oder der ursprüngliche Parteiwille.
Im vorliegenden Fall war der Vertrag zwar als Handelsvertretervertrag bezeichnet, tatsächlich unterlag die Klägerin aber ebenso wie die übrigen Arbeitnehmer bei der Kundenbetreuung den Anweisungen des Geschäftsführers, musste die betrieblichen Abläufe einhalten und sich an die vom Unternehmen vorgegebenen Arbeits- und Ferienzeiten halten. Sie verrichtete ihre Arbeit ausschließlich in den Räumlichkeiten des Unternehmens und trug kein unternehmerisches Risiko.
Es ist also auch in Italien nicht damit getan, einen Mitarbeiter als Handelsvertreter zu bezeichnen, um die rechtlichen Folgen eines Arbeitsverhältnisses zu vermeiden. Dies sollten ausländische Arbeitgeber / Mandanten beachten, wenn sie sich für eine Markteintritt in Italien entscheiden.